Im Jahr 2003 hat der Modelleisenbahnclub Eggenfelden-Rottal e. V. angefangen ein Car-System in die Clubanlage zu integrieren.
Begonnen hat das Ganze mit der original Faller Technik. Die Fahrzeuge drehten ihre Runden mit einer fest vorgegebenen Geschwindigkeit. Diese konnte man nur durch Hardwareumbau am Fahrzeug über ein Spannungsreduzierung am Motor, z.B. durch vorgeschaltete Dioden, verändern.
Die Fahrzeuge fuhren generell zu schnell, bremsten sehr abrupt und das Erscheinungsbild der fahrenden Fahrzeuge war für uns absolut nicht ausreichend.
Die Fahrzeuge sollten je Fahrzeugtyp mit angepassten, unterschiedlichen Geschwindigkeiten fahren können, schließlich fährt ein Lastkraftwagen nicht genau so schnell wie ein sportlicher Flitzer. Die Fahrzeuge sollten auch nach dem großen Vorbild langsam beschleunigen und abbremsen können. Und was besonders wichtig war bei Bergfahrten sowohl auf- als auch abwärts mit der gleichen vorgegebenen Geschwindigkeit fahren wie in der Ebene, was gar nicht so einfach ist.
Diese sogenannten „Defizite“ wurden in den nächsten Schritten durch viel Entwicklung eines eigenen elektronischen Fahrzeugcontrollers ganz gut beseitigt. So bekam nun jedes Fahrzeug eine eigens entwickelte und selbst gebaute Steuerungselektronik, die eingangsseitig einen Reedschalter im Fahrzeug abfragt und ausgangsseitig den Motor über eine Pulsweitenmodulation (PWM) ansteuert.
Damit war es möglich, eine Drehzahlregelung für den Motor zu realisieren und die Fahrzeuge konnten damit bergauf fast genauso schnell wie bergab fahren.
Auch das sanfte Beschleunigen nach der Stoppstelle war damit viel einfacher umzusetzen.
Für das Abbremsen vor einer Stoppstelle mussten allerdings in die Anlage eingegriffen werden.
So wurde circa 15cm vor jeder Stoppstelle eine Bremsstelle eingefügt. Diese funktioniert ebenso wie die Stoppstelle mit Hilfe eines Magneten, dieser wurde an einem Servo-Arm befestigt, dadurch kann dann der Magnet an die Fahrbahn herangedreht bzw. nach unten von der Fahrbahn weggedreht werden.
Überfährt das Fahrzeug diesen „Bremsmagneten“, so reduziert die Steuerung im Fahrzeug langsam dessen Geschwindigkeit bis auf eine minimale Kriechgeschwindigkeit. Erreicht dann das Fahrzeug den Magneten der Stoppstelle, bleibt es dort stehen, so lange bis der Magnet wieder nach unten weggedreht wird und seinen Einfluss auf das Fahrzeug damit verliert.
Aber auch diese Technik hatte noch so ihre Schwachstellen. So war es nicht möglich, Fahrzeuge an verschiedenen Stellen der Anlage mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten fahren zu lassen. Zwar konnte die Geschwindigkeit der Fahrzeuge individuell programmiert werden, allerdings musste das immer mit einer Software erfolgen, welche direkt an die Steuerungselektronik angeschlossen werden musste. Daher war eine Änderung während des Fahrbetriebs nicht möglich.
Diese Probleme konnte man nur über eine PC-unterstützte Steuerung beseitigen. Also entschlossen wir uns das gesamte Car-System mit einem PC und der Software TrainController zu steuern. Um entsprechend viele Fahrzeuge auf der komplexen Anlage ohne Beeinträchtigungen steuern zu können, ist sehr viel Rechenleistung notwendig.
Für die Rückmeldung wurde ein HSI88 eingesetzt, eine DCC-Zentrale für die Kommunikation zu den Fahrzeugen, sowie eine Märklin-Zentrale zur Steuerung der Weichen-Servo-Decoder.
Während bei der Eisenbahn aber die Steuerbefehle von der Digitalzentrale oder dem PC über die Schiene in die Loks und damit an die Decoder gelangen, ist diese Technik beim Car-System nicht möglich. Daher haben wir uns für einen Fahrzeug Controller mit einem RF Transceiver entschieden, der im 433 MHz Bereich arbeitet und 9600 Bit/s in der Modulationsart FSK überträgt.
Unser selbstentwickeltes RF-Interface ist an die Digitalzentrale angeschlossen und empfängt bzw. überträgt darüber die Befehle an die Fahrzeuge, diese werden im DCC-Protokoll übertragen. Nach der Überprüfung des fehlerfreien Empfangs eines DCC-Telegramms packt der uController (ATMega8) im Interface das DCC-Telegramm in ein Format, welches über den Transceiver-Baustein verarbeitet und gesendet werden kann. Dabei wurde versucht, soweit wie möglich das ursprüngliche DCC-Protokoll beizubehalten. Das gesendete Datenpaket wird von jedem Fahrzeug in Reichweite empfangen und verarbeitet. Stimmt die Zieladresse des Telegramms mit der Adresse des Fahrzeugs (Lokadresse im DCC-Protokoll) überein, wird der Befehl ausgewertet. Abhängig davon ändert das Fahrzeug dann seine Geschwindigkeit, schaltet das Bremslicht ein oder aus, setzt einen Blinker usw. Lediglich das Lenken übernimmt nach wie vor ein kleiner Magnet an der Lenkung, dieser „folgt“ einem Eisendraht, welcher in der Fahrbahn verlegt wurde.
Durch die in der DCC Steuerung übliche Übertragungsrate konnten alle DCC-Kommandos von einem zentralen Sender uneingeschränkt und nahezu ohne Verzögerung gesendet werden. Es ist dabei egal, wo das Fahrzeug auf der Anlage gerade fährt, solange es sich in Reichweite des Senders befindet.
Die ersten per Funk gesteuerten Fahrzeuge hatten sich somit zur Ausstellung am 6. Januar 2011 bewährt.
Für die Rückmeldung wurde in der Fahrbahn, direkt neben dem Fahrdraht, Hall-Sensoren eingesetzt, diese erkennen das Feld des Magneten auf dem Fahrzeug-Lenkhebel und geben ein Signal an die selbstentwickelte und gebaute Rückmeldebaugruppe aus. Jeweils bis zu 16 Sensoren sind an eine solche Rückmeldebaugruppe angeschlossen. Über den S88 Bus sind diese Baugruppen an das HSI88 angeschlossen. Das HSI88 wiederum kommuniziert über USB mit dem Steuerrechner.
Ebenso müssen die Fahrzeuge auch mal abbiegen. Die Weiche wurde durch einen Servoantrieb unter der Fahrbahn realisiert, dieser „biegt“ mit seinem Hebel das Ende des Fahrdrahtes in die gewünschte Fahrtrichtung. Jeweils bis zu vier Servoantriebe werden von unseren selbstentwickelten Decodern angesteuert. Diese wiederum wurden von einer Märklinzentrale analog den Magnetartikeldecodern angesprochen. Es waren ca. 30 Servo-Decoder unter der Anlage im Einsatz.
Die Fahrzeuge fuhren jetzt wesentlich eleganter und natürlicher, aber das CAR-System entsprach nun sehr stark dem Zugsystem und brachte damit einige neue Probleme mit sich.
Es gab ja keine Fahrzeugpositionserkennung, keinen Rückmeldekanal zur Zentrale, die Aufteilung in Blockstellen verursachten jetzt andere unnatürliche Fahrbewegungen und es wurde eine aufwendige Synchronisation der Fahrzeuge mit der Anlage erforderlich.
Und wieder mussten neue Denkansätze her. Auf dem neuen Weg dachte man über autark fahrende Fahrzeuge nach, welche selbstständig Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einhalten in Verbindung mit lokaler Fahrzeugsteuerung an Ampeln, Abzweigungen, Baustellen, Bahnübergängen usw.
Die Lösung für diese Kombination aus Funksteuerung und IR-Nahfeldsteuerung ist der nächste Schritt zur Optimierung unserer Anlage.
Hier arbeitet nun eine Zentrale auf der Funkfrequenz von 2,4 GHz, diese übernimmt aber momentan nur noch die übergeordnete Startfunktion der Anlage und die Tag-/Nachtumschaltung für die Fahrzeugbeleuchtung, alles andere wird über Fahrzeugerkennung mit Infrarot im Anlagennahbereich abgewickelt. Dazu wird an den Steuerungsstellen (Kreuzungen, Bushaltestellen, Kreisverkehr, usw…) über Infrarot die Fahrzeugadresse, seine Geschwindigkeit, ein über CV vorgebbarer Fahrzeuggruppencode, die Beleuchtungsinformation und der Akkustand des vorbeifahrenden Fahrzeuges ausgelesen und anschließend entsprechend darauf reagiert.
So ist es nun möglich, ein Fahrzeug an einer x-beliebiger Stelle einzuschleusen oder zu entnehmen, ohne dass das Gesamtsystem außer „Tritt“ gerät.
Dadurch erhält man auch autarke Bausteine in der Anlage, dabei können Teilelemente eingefügt oder entnommen werden, ohne dass eine aufwendige Systemprogrammierung erforderlich wäre.
Das überarbeitete System ist in dieser Version nun seit November 2015 im Betrieb.